Ehepaar - Nauen
& Malachowski

Dilborner Künstler

Gemeinsame Lebensstationen

1904 folgte eine gemeinsame Betei-ligung an der "Großen Kunstausstellung Dresden".

Am 28. 03. 1905 heirateten Heinrich Nauen und Marie von Malachowski in Dresden gegen den Willen der Malachowski-Eltern, die der Braut nur „das Billigste vom Billigen" (Joachim Nauen) für die Ehe mitgaben. Heinrich Nauen beschriftete damals das Hochzeitsfoto mit dem Vers: "Wenn zwei Stämmchen sich umfassen / Muß der Sturm sie stehen las­sen / Einsam wird ein Herz verzagen / Zweie können alles tragen." Worte voller Zuversicht für einen gemeinsamen Weg- doch der Sturm kam mit den Jahren und zerbrach manches im Dilboner Wald. Aus der Hochzeitsreise nach Paris wurde ein mehrmonatiger Aufenthalt, verbunden mit einem Studium an der Pariser Academie Julian und Be­gegnungen mit Künstlern. Das junge Paar erlebte in Paris die Geburts­stunde des Fauvismus (Kunst der starken und reinen Farben) in den Künstlercafes: Eindrücke (Matisse und Gauguin) wirkten bei Nauen nach.

Im Herbst 1905 entdeckte Heinrich Nauen auf der Rückreise das an der Maas gelegene Fischerdorf Vis 6, das er bis zu seiner Dilborner Zeit 1911 regelmäßig aufsuchte, um dort zu malen.

Im Frühjahr 1906 bezog das Ehepaar Nauen eine Wohnung in Berlin-Hirschgraben. Ein glücklicher Anfang: Nauen knüpfte Beziehungen zur Berliner Sezession, lernte u.a. Emil Nolde, Max Liebermann, Max Beck­mann und vor allem Walter Kaesbach kennen, der sein „ Lebensbegleiter" in Dilborn wurde: Freund, vertrauter Briefpartner, Sammler von Nauen-Werken und Helfer in finanzieller Not.

Das Jahr 1907 war voller Unruhe: Geldsorgen, Aufgabe der Wohnung, kurzer Aufenthalt im Krefelder Elternhaus, Wohnsitz in Klein-Machnow und tragischer Tod des ersten Sohnes Heinrich, Rückkehr nach Berlin-Lichterfelde.

Im Sommer 1908 malte Nauen wieder in Vis und hielt sich zwischendurch in Krefeld auf und schloß Freundschaft mit den Malerkollegen Heinrich Campen-donk und Helmuth Macke.
Am 3.Oktober 1908 wurde Tochter Nora in Berlin geboren. Ende 1910: Begegnung mit Franz Marc und Zerwürfnis zwischen Hein­rich Nauen und Emil Nolde. Der mangelnde Erfolg bei Ausstellungen und finanzielle Schwierigkeiten ließen den Entschluß reifen, Berlin zu verlassen: "Wenn ich doch erst mit Frau und Kind Berlin hinter mir hätte... Wenn es mir gelingen sollte, mal wieder ein paar Jahre ungestört in meiner Heimat zu leben u. zu arbeiten, so wäre ich unaussprechlich glücklich, und ich würde in meiner Kunst weiter kommen. So wie die Verhältnisse jetzt liegen, ist mein Leben so zerrissen u. unbefriedigt." (Nauen-Briefe aus Berlin an Kaesbach, 1910) Das Großstadtleben belastete ihn - die (Niederrhein) Landschaft zog ihn an.

Park Dilborn, 1911/14, Mischtechnik, Privatbesitz.
Marie von Malachowski

Im Mai 1911 konnte Nauen seinem Freund Kaesbach mitteilen, daß er "glücklicher Besitzer von Dilborn" ist:"Ich wohne nun in der für mich denkbar schönsten Landschaft, habe einen Park, hab Wasser, Wiesen, Felder, Bruch und Heide und dann dieser ganz einzig schöne Buchen­hochwald." Am 1. Juni 1911 bezog das Künstlerehepaar mit Tochter Nora den rechten Flügel des Schlosses. Geräumige, farbig gestaltete Ateliers wurden eingerichtet. Heinrich Nauen war voller Begeisterung und Schaf­fenskraft. Überall lagen die losen Blätter, in Stapeln auf Tischen und Stühlen. „So etwas von Intensität, von Konzentration, von Leuchtkraft und Farbklang" hatte der Kunsthistoriker Edwin Suermondt, der im Sommer 1911 zu den ersten Dilborn-Besuchern zählte, noch nicht gese­hen. Im Herbst malten Nauen und Helmuth Macke den farbenprächtigen Buchenwald. Und Marie von Malachowski-Nauen knüpfte Ver-bindungen zu Nachbarn, fand Musikfreunde und veranstaltete bald Schlosskonzerte. Von E. Seurmondt bekam Heinrich Nauen 1912 das Angebot, den Seiten­flügel der Burg Drove bei Düren in der Eifel auszumalen.

Es folgte eine zwei Jahre dauernde unermüdliche, freudige und zuweilen auch quälende Arbeit an den sechs großformatigen Bildern. Dieser Drove-Zyklus, der heute im Krefelder Kaiser Wilhelm Museum zu sehen ist, gehörte 1914 zu den 137 Werken der Ersten Kollektiv-Ausstellung in der Düsseldorfer Galerie Alfred Flechtheim. Stilleben mit Blumen, dem Garten entnommen, Schlosspark und Buchen­wald zählten zu den hervorragenden Motiven. Im Sommer 1914 kamen Erich und Siddi Heckel für mehrere Wochen nach Dilborn. Nauen und Heckel malten die gleichen Dilborner Motive und porträtierten sich ge­genseitig. Auch Marie von Malachowski-Nauen fertigte erste Dilborner Bildnisse an. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendete den glücklichen Lebens­abschnitt auf Schloß Dilborn. Bei Marie von Malachowski-Nauen trat nach dem Tod ihrer Brüder (Wilhelm und Joachim) zu Beginn des Krie­ges eine seelische Belastung ein. Die eheliche Beziehung und finanzielle Situation ver-schlechterten sich.

Heinrich Nauen wurde zum Kriegsdienst einberufen. Noch bevor er zur Westfront kam, erhielt er die Nachricht, dass Sohn Joachim am 25. März 1916 in Mönchengladbach geboren war. Marie von Malachowski-Nauen erkrankte für lange Zeit. Unterstützung erhielt sie von ihrer Mutter Hedwig von Hake, die von 1915 bis 1919 auf Schloß Dilborn weilte. Bei den von Malachowskis stürzte mit dem Zu­sammenbruch der Monarchie auch die Welt des Adels ein. Und bei Hein­rich Nauen hatte der Krieg Spuren hinterlassen, die in seinem veränderten Wesen nach der Heimkehr im Oktober 1918 zu erkennen waren. Elisabeth Erdmann-Macke, die im August 1919 auf Schloss Dilborn weil­te, schilderte in ihrem Tagebuch die Spannungen zwischen den Ehepart­nern, belastet von seelischer und finanzieller Not. Notwendigerweise war Kunst zeitweilig ein reiner Broterwerb. Nauen trat 1919 der "Gilde werk­tätiger Künstler Mönchen-gladbachs" bei, die "im Kampf um das Brot" Künstler aus verschiedenen Bereichen vereinte.

Der. Besuch - Interieur, 1913 Tempera auf Leinwand 210x260 cm, Kunstmuseen Krefeld.
Heinrich Nauen

Wasserspiegelung der Schlosskapelle, um 1912 Gouache, Aquarell, 48,9x59 cm, Kunstmuseum Gelsenkirchen.
Heinrich Nauen

Marie von Malachowski-Nauen war bestrebt, ihr zerstörtes Selbstwertge­fühl durch Beteiligungen an Ausstellungen aufzubauen und ihre Kunst "an den Mann" zu bringen: Damals war diese Formulierung noch wörtlich zunehmen, weil die (künstlerische) Arbeit einer Frau als "minderwertig" von der bestimmenden Männerwelt angesehen wurde. (Erst ab 1919 durften Frauen an Kunstakademien studieren.

Bei Ausstellungen waren abwertende Äußerungen der Kritiker zu lesen: "... Marie Nauen von Malachowsky variiert, oft übersteigernd, die be­kannte Art des rheinischen Malers, mit dem sie verheiratet ist..". (Curt Glaser, Berliner Ausstellungen 1919) Bemerkenswert in diesem Zusam­menhang ist, dass Nauens Freund und eifriger Nauen-Kunstsammler Wal­ter Kaesbach, der oft auf Schloß Dilborn war und sicher Bilder von Marie von Malachowski gesehen hatte, kein Werk der Künstlerin in seine Sammlung einbezog. Die Düsseldorfer Galerie Flechtheim zeigte 1919 unter dem Motto "Frau" u.a. auch Werke von Paula Modersohn-Becker und Marie von Malachowski-Nauen ( Stilleben, Schloßgarten). Weitere Beteiligungen an Ausstellungen folgten: Ausstellungen des "Jungen Rheinland" 1919 und 1921 in Düsseldorf / Barmen, "Große Kunstaus­stellung 1920" in Düsseldorf und Berlin.

In Dilborn gab es am 3. Februar 1920 ein Geschehen von regionaler Bedeutung: Doppelhochzeit der beiden Töchter von Katharina Smeets, die die Künstlerin als befreundete Nachbarin um 1920 porträtierte. Im Gästebuch erinnerte Marie von Malachowski-Nauen mit einer Zeichnung und dem Vermerk "Zwei können alles tragen" an den Vers, den ihr Mann, der auf dem Smeets- Hochzeitsfoto weit entfernt von ihr stand, einst auf das eigene Hochzeitsbild geschrieben hatte.

Es drohte eine Trennung, die Heinrich Nauen im Juni 1920 in einem Brief an Walter Kaesbach mit den Worten andeute: "Die Stille des Lebens, die ich so nötig für mich brauche, scheitert am guten Willen... Dazu kommen noch materielle Sorgen."

Im November 1920 verließ Marie von Malachowski mit Sohn Joachim Dilbom und zog nach Worpswede, wo die Künstlerin Paula Modersohn­ Becker wirkte. Nach kurzem Aufenthalt in dem Künstlerdorf kam sie im März 1921 zurück, wohnte vorübergehend in Brüggen und Millendorf, dann wieder auf Schloss Dilborn.

Dort war indessen ein Umzug in einen anderen Teil des Schlosses erfolgt. Und ein Einkommen durch die Lehr­tätigkeit Heinrich Nauens als Professor an der Düsseldorfer Kunstakade­mie beruhigte die Lebensverhältnisse der Familie Nauen ab 1921 etwas. Professor Nauen kam oft nur an Wochenenden von Düsseldorf nach Dilborn. Marie von Malachowski arbeitete von 1922 bis 1924 an religiö­sen, philosophischen und allegorischen Holzschnitten, in denen sich einige verbliebene Freuden, besonders aber erfahrene Leiden spiegelten.

1925 besuchten Nora und Joachim eine „Schule am Meer" auf Juist. Der Vater kam auf die Insel, besuchte die Kinder und malte dort einige Juist-Landschaften. Und die Mutter arbeitete in der Dilborner Einsamkeit bis 1931 anzahlreichen Porträts, die Kinderseelen zum Ausdruck brachten.

Herbstwald, um 1911/12, Öl auf Leinwand, 80x70 cm, Kunstmuseum Bonn.
Heinrich Nauen

Rhododendronbusch, um 1918, Öl auf Leinwand, 50x59 cm,Privatbesitz.
Marie von Malachowski

Am 1. Oktober 1931 wurde Heinrich Nauen planmäßiger Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie. Das Künstlerpaar verließ Dilborn und zog nach Neuss in die Parkstraße 11. Während Marie von Malachowski dort offensichtlich eine Schaffenskrise durchlebte, war Heinrich Nauen mit seiner akademischen Lehrtätigkeit durchaus zufrieden.

Seine Schüler (Carl Barth, Trude Brück, Otto Dix, Carl Lauterbach, Ul­rich Leman u.a.) schätzten ihren Professor als Künstler und Mensch: "Die Schüler verehrten ihn... Nauen-Schüler gewesen zu sein, bedeutete in der jungen rheinischen Malergeneration ein Privileg."( Anna Klapheck )

1937 wurden viele Werke des bedeutenden Rheinischen Expressionisten Heinrich Nauen und auch von Marie von Malachowski-Nauen aus den Museen als "Entartete Kunst" von den Nationalsozialisten entfernt. Der Professor Heinrich Nauen musste in den Ruhestand gehen.

1938 erfolgte der Umzug (Rückzug) nach Kalkar, wo Heinrich Nauen am 26. November 1940 starb. Marie von Malachowski-Nauenhielt nun Zwiegespräch mit der eigenen "stillen Gedankenwelt". 1942 lebte ihre künstlerische Schaffenskraft zum letzten Mal auf. Es entstanden einige Spätwerke, u. a. Liegende Kuh auf der Weide und Taubenturm in Kalkar hinter blühenden Apfelbäumen — ein Werk, das nach all den trüben Zeiten am Ende des Lebens einen heiteren Naturlyrismus ausstrahlte.

Marie von Malachowski-Nauen starb am 9. Oktober 1943 in Kalkar, wo das Künstlerehepaar "im Tode vereint"(Joachim Nauen) ruht. Ihre Werke leben weiter, auch in Brüggen-Dilborn.